Das Problem der Gedankenleserei:

den Hund korrigieren, wenn er an ein „falsches“ Verhalten denkt27.01.2025

Hunde sind faszinierende und komplexe Lebewesen, die in der Lage sind, zu lernen, zu denken und sich an verschiedene Situationen anzupassen. Leider erhalten Hundehalter im Training oder im Alltag den Rat, wenn unser Hund etwas tut, was wir als unerwünscht empfinden, das Verhalten unseres Vierbeiners sofort im Ansatz zu korrigieren. Deshalb neigen viele Hundehalter dazu, ihren Hund zu maßregeln, wenn sie glauben, er könnte ein Fehlverhalten zeigen. Deshalb ist das Korrigieren von Hundeverhalten ein Thema, das Hundehalter beschäftigt. Aus diesem Grunde möchte ich in diesem Blockbeitrag zeigen, warum diese „Methode“ nicht nur unsinnig ist, sondern auch negative Auswirkungen hat.

 

Das grundlegendste Problem bei der Erziehung und Korrektur von Hunden ist unsere Unfähigkeit, in ihre Gedankenwelt einzutauchen. Wir sind ja noch nicht mal in der Lage die Gedanken eines uns nahestehenden Menschen zu erraten, aber behaupten zu wissen, was unser Hund denk! Wir beobachten ein Verhalten und neigen dazu, es sofort als den Beginn eines unerwünschten Verhaltens zu interpretieren. In diesem Moment greifen wir ein und korrigieren das Verhalten, ohne zu hinterfragen, was sich tatsächlich in dem Kopf unseres Hundes abspielt.

 

Es ist wichtig zu verstehen, dass Hunde aus ihrer eigenen Perspektive handeln und jedes Verhalten für sie einen Sinn hat. In der Regel handelt es sich dabei nicht um ein Fehlverhalten, sondern um eine natürliche Reaktion auf ihre Umwelt. Wenn wir annehmen, dass unser Hund mit seinem Verhalten gegen unsere Wünsche verstößt, projizieren wir menschliche Vorstellungen und Emotionen auf ihn, die nicht zutreffen. Was für uns als problematisch erscheint, kann für den Hund einfach nur Neugier oder eine Reaktion auf einen Reiz sein.

Ein weiterer Aspekt, der in diesem Fall nicht bedacht wird, ist der Stress, den wir durch vorzeitige Korrekturmaßnahmen bei unseren Hunden auslösen. Wenn wir unseren Hund bereits für den Gedanken an ein unerwünschtes Verhalten bestrafen, setzen wir ihn unnötig unter Druck, weil wir sein Verhalten nicht bis zum Ende abwarten. Diese Art der Bestrafung verursacht dann Stress, der sich negativ auf das weitere Verhalten und die allgemeine Gesundheit des Hundes auswirken. Ein gestresster Hund ist zudem nicht in der Lage, rationale Entscheidungen zu treffen, zu lernen und kann in seiner Kommunikation mit uns oder anderen Hunden Schwierigkeiten haben.

 

Anstatt ihm zu zeigen, welches Verhalten wir uns wünschen, lehren wir ihn, dass er sich unsicher fühlen muss, wenn er bestimmte Situationen erlebt und dass er uns nicht vertrauen kann. Diese vorzeitige Korrektur hindert den Hund daran, aus sich heraus das richtige Verhalten zu zeigen, das wir dann belohnen könnten. Zudem kann der Stress, den wir verursachen, dazu führen, dass der Hund entweder ängstliches Verhalten zeigt oder sogar aggressiv reagiert, was die Situation leider weiter verschärft.

 

Unser Trainingsansatz sollte darin bestehen, den Hund in seiner natürlichen Reaktion zu beobachten und zu verstehen, was tatsächlich hinter seinem Verhalten steckt. Darauf abgestimmt sollte er die Möglichkeit erhalten, selbst zu lernen, was angemessen ist. Wenn wir ihm den Raum und kleine Hilfestellungen geben, die richtigen Entscheidungen zu treffen, erreichen wir, dass der Hund sich viel öfter „richtig“ in unserem Sinne verhält. Das sorgt für den Aufbau einer positiven Beziehung, die auf Vertrauen und Verständnis basiert. So fördern wir nicht nur das Wohlbefinden des Hundes, sondern auch einen fairen, freundlichen und harmonischen Umgang mit unserem Hund, der auf gegenseitigem Respekt beruht.

 

Alternative Ansätze:

 

1. Positive Verstärkung

Eine der effektivsten Methoden zur Förderung von Selbstwirksamkeit ist die positive Verstärkung. Anstatt unerwünschtes Verhalten zu bestrafen, halten wir unseren Fokus auf dem positiven Verhalten und den Stärken unseres Hundes. Wenn der Hund beispielsweise ruhig bleibt, während ein Reiz vorbeiläuft wird er belohnt. Am besten über den funktionalen Verstärker. Diese Methode stärkt das Vertrauen des Hundes in seine eigenen Entscheidungen und zeigt ihm, dass er durch sein Verhalten Einfluss auf seine Umwelt hat.

 

2. Freies Explorieren

Hunde lernen durch Erfahrung. Indem wir ihnen erlauben, ihre Umgebung zu erkunden und neue Situationen selbstständig zu bewältigen, fördern wir ihre Resilienz. Lass dazu Deinen Hund in einem sicheren Umfeld neue Dinge entdecken – sei es ein neuer Park, ein Spielzeug oder ein anderer Hund. Lasse ihn selbst entscheiden, wie er reagiert, und biete ihm Unterstützung an, wenn er sie braucht. Das stärkt sein Selbstbewusstsein und seine Fähigkeit, mit neuen Herausforderungen umzugehen.

 

3. Training von Problemlösungsfähigkeiten

Das Einbeziehen von Problemlösungsaufgaben in das Training fördert die Selbstwirksamkeit. Stelle Deinen Hund vor kleine Herausforderungen, wie z.B. das Lösen von Intelligenzspielzeuge oder das Finden von versteckten Leckerlis. Indem er lernt, Lösungen zu finden, entwickelt er ein Gefühl für seine eigenen Fähigkeiten, wird selbstsicherer und flexibler in seinen Verhaltensweisen.

 

4. Stressbewältigungstechniken

Das Erlernen von Stressbewältigungstechniken kann Hunden helfen, resilienter zu werden. Methoden wie konditionierte Entspannung oder einen Bogen laufen in stressigen Situationen können dem Hund helfen, sich zu beruhigen und seine Emotionen zu regulieren.

 

5. Soziale Interaktion

Hunde sind soziale Tiere und profitieren von positiven Interaktionen mit anderen Hunden und Menschen. Durch kontrollierten Umgang mit anderen Hunden oder das Training in Gruppen können Hunde soziale Fähigkeiten entwickeln und lernen, mit verschiedenen Situationen umzugehen. Auch das fördert ihre Resilienz, da sie lernen, mit unterschiedlichen Verhaltensweisen und Reaktionen umzugehen.

 

6. Geduld und Zeit

Schließlich ist es wichtig, Geduld und Zeit in die Erziehung zu investieren. Jeder Hund ist einzigartig und lernt in seinem eigenen Tempo. Indem wir uns die Zeit und Ruhe nehmen, um die individuellen Bedürfnisse und Reaktionen unseres Hundes zu verstehen, schaffen wir eine vertrauensvolle Beziehung. Diese Geduld fördert nicht nur das Lernen, sondern stärkt auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Resilienz.

 

Fazit

Durch die Integration dieser alternativen Ansätze in unsere Trainingsmethoden können wir das Wohlbefinden unserer Hunde steigern und ihnen helfen, selbstbewusster und resilienter zu werden. Indem wir ihnen die Werkzeuge an die Hand geben, die sie benötigen, um in ihrer Umwelt zu navigieren, fördern wir nicht nur eine harmonische Mensch-Hund-Beziehung, sondern auch das persönliche Wachstum unserer vierbeinigen Freunde. Deshalb verabschiede Dich von Ratschlägen, die darauf abzielen den Hund zu korrigieren, wenn er an ein „falsches“ Verhalten denkt könnte!