Probier’s mal mit Gemütlichkeit

06.03.2024

Wir leben heute in einer Gesellschaft, wo niemand mehr Zeit und jeder Stress hat. Dementsprechend gehen wir auch mit unseren Hunden laufen. Es wird entweder gejoggt, Fahrrad gefahren oder „im Stechschritt“ zügig große Runden gelaufen. Die Hektik und der Stress des Halters übertragen sich auf den Hund. Wichtig ist dabei dem Hundehalter „Meter“ gut zu machen. Schließlich muss der Hund ja ausgelastet/ausgepowert werden und braucht viel Auslauf. Wer jedoch einmal offenen Auges die Hunde anschaut, die neben oder hinter dem Fahrrad, Jogger oder Schnellläufer herlaufen, sieht in den seltensten Fällen glückliche Hundegesichter. 

 

Bewusst langsam spazieren gehen mag im ersten Moment komisch klingen, aber tut unseren Hunden, die unseren hektischen Alltag mit leben müssen, richtig gut. Du wirst vielleicht auch überrascht feststellen, dass Dein Hund überhaupt nicht mehr langsam laufen und auf Entdeckungstour gehen kann, sondern sich Deinen Stechschritt schon angeeignet hat. So ein entschleunigter Spaziergang bietet eine Menge für Mensch und Hund. Beobachte auf Deinem nächsten Spaziergang Deinen Hund. Ist er so entspannt, dass er an lockerer, längerer Leine laufen kann? Wenn er frei läuft, läuft er in aller Ruhe und erkundet die Welt, ohne hektisch zu werden? Geht er langsam auf andere Hunde zu oder wird er bereits nervös, wenn er einen anderen Hund nur sieht? Kannst Du als Mensch überhaupt noch eine ruhige langsame Runde gehen und die gemeinsame Zeit mit Deinem Hund draußen genießen? 

 

Versuche es! Nimm Dir eine Deiner mittellangen Runden vor und dehne diese auf die doppelte Zeit aus. Bei einer Runde, die normalerweise 30 min dauert, nimm Dir jetzt 1 Stunde Zeit. Dehne diese Runde bitte wirklich so weit aus. Sehe es als kostbare Zeit an, die Du Deinem Hund schenkst. Lass ihn, sofern er noch ruhig laufen kann, in seinem Tempo gehen. Gönne ihm die Zeit, auf alle geruchlichen Reize einzugehen und diese zu untersuchen. Bleib in dieser Zeit entweder bei Deinem Hund oder laufe nur sehr, sehr langsam weiter. Wenn Du Dich zu weit oder zu schnell entfernst, kann das Deinen Hund veranlassen, seine Entdeckungstour frühzeitig abzubrechen, um Dich nicht zu verlieren. Nutze die Zeit zum Beispiel, um Deinen Hund ganz genau zu beobachten. Stellt er seine Barthaare auf? Bewegt er während des Entdeckens die Ohren, den Schwanz? In welche Richtung zeigt die Schwanzspitze? Stellt er die Haare, verspannt er sich? Sein momentanes Ausdrucksverhalten während des Erkundens offenbart seine emotionale Lage. Das kann Dir in anderen Situationen helfen, Deinen Hund richtig zu lesen. 

 

Oder genieße das Innehalten, den Moment und lasse einfach mal die Gedanken baumeln. Es ist das, was viele Menschen heute auf unterschiedlichste Art und Weise zum Beispiel im Kloster oder Wellness-Urlaub suchen. Du hast es direkt vor der Haustüre. Genieße die Zeit, um die Natur zu beobachten, sie in Dich aufzunehmen. Beobachte Deinen Hund. Du wirst feststellen, dass sich ein Gefühl der Gemeinsamkeit einstellt. Könnte sein, dass Du sogar während des Spaziergangs Lust bekommst, Dich mit Deinem Hund auf eine Wiese in die Sonne zu setzen und zu kuscheln. Gute Laune und Körperkontakt sorgen für eine positive Atmosphäre und schafft Bindung zwischen Hund und Mensch. 

Am Ende des Spaziergangs wirst Du erleben, dass Dein Hund genau so glücklich und zufrieden ist, als hättet Ihr eine große Runde im „Eiltempo“ gemacht. Vielleicht entdeckst Du auch, dass Dein Hund zufriedener und entspannter wirkt. Gelingt Dir diese Entschleunigung, also die Entdeckung der Langsamkeit, dann stellst Du fest, dass Ihr als entspanntes Mensch-Hund-Team unterwegs wart. Vielleicht fällt es Dir am Anfang auch schwer und du musst diese ruhige Langsamkeit erst wieder lernen oder tatsächlich neu entdecken. 

 

Falls Du einen Hund hast, der draußen sehr aufgeregt und hektisch ist oder einige kleine Problemchen hat, wirst Du feststellen, dass Deine Langsamkeit Deinem Hund Souveränität und Sicherheit vermittelt. Er wird sich Deiner Ruhe anpassen, sie übernehmen. Dadurch kann sich das eine oder andere Problem schon von ganz alleine lösen. Diese entschleunigten Spaziergänge werden Dir insgesamt im Alltagsleben guttun. Sie bringen Ruhe in den sonst so stressigen Alltag. Du kannst Pausen eher genießen und bekommst ein ausgewogenes Verhältnis von Action und Entspannung. Es muss nichts erreicht werden, keine Ziele. Damit schafft man sich einen bewussten Gegenpol zu all der Hektik und dem oft vorherrschenden Erfolgsdruck, etwas Bestimmtes tun oder erreichen zu müssen. Weniger ist eben doch mehr und schenkt uns Zeit für ein bewusstes Miteinander.