Impulskontrolle ist nicht gleich Impulskontrolle!

Warum Hunde unterschiedliche Umsetzungskompetenzen besitzen.03.05.2024

Im Hundetraining wird so viel über das Thema Impulskontrolle gesprochen und Hundehalter üben es unentwegt. Doch die wenigsten wissen, dass es zwei grundverschiedene Abläufe im Gehirn gibt, die nicht gleichzusetzen sind. Und noch weniger ist bekannt, dass i.d.R. an der „falschen“ Impulskontrolle trainiert wird. Da die Beherrschung von spontanen Reaktionen gerade in unserem Alltag nicht wegzudenken ist, halte ich es für wichtig, dass Halter ein tiefgehendes Verständnis für diese Thematik entwickeln. Nicht nur, weil es unsere vierbeinigen Freunde betrifft, sondern auch uns als Halter, besonders wenn der Hund plötzlich überreagiert.

 

Wenn von Impulskontrolle gesprochen wird, so werden oft zwei Begriffe vermischt: Selbstkontrolle und Selbstregulierung, obwohl sie völlig unterschiedliche Prozesse im Gehirn darstellen. Diese Unterscheidung ist maßgebend, da sie den Grund dafür liefert, warum manche Hunde über eine ausgeprägtere Fähigkeit zur Umsetzung haben und folglich mehr Willensstärke aufweisen, während andere eher Schwierigkeiten damit haben.

 

Was unterscheidet die beiden? Die Selbstkontrolle bezieht sich auf die aufgebrachte allgemeine Willenskraft, die ein Säugetier, in diesem Fall der Hund, aufbringen muss, um gewisse Handlungen auszuführen. Es geht um Aufgaben, die erledigt werden MÜSSEN, weshalb es ständige Motivation von außen – durch Dich als Hundehalter mittels Belohnungen – erfordert, um Deinen Hund am Ball zu halten. Eigentlich würde er lieber etwas anderes tun. Diese Form der Motivation erfordert einen enormen Energieaufwand von Deinem Hund und ist begrenzt, da er schnell an seine Grenzen kommt. Er muss eigene Aktivitäten steuern, den ständigen Versuchungen widerstehen und sich auf das von Dir erwünschte Verhalten konzentrieren. Ohne externe Anreize – die Belohnungen – würde Dein Hund keine Selbstkontrolle zeigen. Daher spricht man hier von extrinsischer Motivation, weil sie eben nur durch externe Reize (Belohnungen) aufrechterhalten wird.

 

Dem gegenüber steht die Selbstregulation. Und wie kann es anders sein, sie wird durch die intrinsische Motivation am Laufen gehalten. Der Hund handelt aus eigenem Antrieb, ist motiviert positive Erfahrungen zu sammeln oder anzuwenden. Er ist in der Lage, sein Verhalten EIGENSTÄNDIG in die richtigen Bahnen zu lenken. Ein Anreiz von außen ist nicht nötig. Da die Motivation von innen kommt, ist der Energieaufwand geringer, was es für den Hund weniger anstrengend macht, mit der Situation umzugehen. Ein großer Vorteil der Selbstregulierung ist, dass sie selbständig erfolgt und mit der Zeit zum Automatismus, also zur Gewohnheit wird!

 

Ein Hund, der eine starke Selbstregulierungsfähigkeit zeigt, findet die perfekte Balance zwischen dem Erkennen seiner eigenen Bedürfnisse und der Steuerung seines Verhaltens, um diese Bedürfnisse zu erfüllen, ohne seine Impulse unkontrolliert freizusetzen. Dies ermöglicht es ihm, auch in außergewöhnlichen Situationen angemessen zu reagieren.

 

Leider konzentrieren sich viele Trainer weiterhin auf die Selbstkontrolle und machen es so den Hunden unnötig schwer, Problemsituationen bzw. von Menschen unerwünschte Verhaltensweisen „abzustellen“. Ich setze in meinen Trainings schon lange auf das Prinzip der Selbstwirksamkeit und damit auf die Selbstregulierung durch den Hund und erkläre meinen Kunden, warum dieser Unterschied so entscheidend für ist. Ich hoffe, dass viele Hundebesitzer – und natürlich auch Trainer – mehr über die Bedeutung der Förderung von Selbstwirksamkeit erkennen werden, um ein harmonischeres, friedvolles Miteinander zwischen Mensch und Hund zu fördern.