Hunde und ihre traumatischen Erlebnisse:
Warum wir nicht einfach auf „Reset“ drücken können31.08.2024Wenn es um die emotionale Gesundheit unserer Hunde geht, sind schlechte oder traumatische Erfahrungen nicht einfach durch einen Knopfdruck zu löschen. Das Gehirn speichert alles – auch wenn viele Erinnerungen ins Unbewusste verdrängt werden. Deshalb kann man diesen „Zustand“, aus dem sich traumatische Erlebnissen entwickeln können, nicht einfach ad hoc therapieren. In der Regel handelt es sich um Trauma bzw. Traumafolgestörungen – die sich als Angststörungen, aggressives Verhalten, Panikattacken oder Persönlichkeitsveränderungen zeigen – die eine Therapie und kein Verhaltenstraining benötigen.
Wie entstehen diese Zustände?
Hunde, die aus dem Tierschutz kommen, erleben oft traumatische Situationen, die ihr Leben prägen. Sie werden eingefangen, mit irgendeinem anderen Hund in einen Zwinger gesperrt und dann zur Vermittlung irgendwohin transportiert – ohne, dass sie Kontrolle über ihr Schicksal haben. Diese Erfahrungen können tiefgreifende Ängste und ein Gefühl der Hilflosigkeit hervorrufen. Falls Du jetzt denkst, das betrifft Dich nicht, weil Du einen Hund vom Züchter hast – sorry, dass ich Dich enttäuschen muss. Auch Hunde aus Zuchten sind nicht vor ähnlichen Erfahrungen geschützt. Auch sie werden aus ihrem geschützten Rahmen von ihrer Mutter und ihren Geschwistern getrennt und müssen sich in einer neuen, unbekannten Umgebung zurechtfinden.
Die Folgen für unsere Hunde?
Diese Erfahrungen führen dazu, dass sich unsere Hunde ausgeliefert und hilflos fühlen. Sie lernen, dass sie kein Mitspracherecht über ihr Leben, ihre Unversehrtheit haben. Und dieses Gefühl zieht sich weiter durch ihr Leben – Hundetraining, das nicht angemessen ist; irgendwelche Beschäftigungen, von denen ihre Menschen glauben, dass Hunde diese benötigen und ihnen Spaß machen; usw. – setzt sich fest und frisst viele kleine Löcher in die Hundeseele.
Hinzu kommt, dass wir Menschen unseren Hunden nichts mehr zutrauen, ihnen alles abnehmen, verlangen, dass sie „süß“, „angepasst“ und „lieb“ zu sein haben. Der potentielle Garten-Umgräber, Vogeljäger, schelmische Essens-Dieb oder Katzen-in-die-Flucht-Schläger ist nicht geduldet. Das muss sofort korrigiert werden. Erst neulich habe ich wieder gelesen, dass Hunde viel Freiheit haben, wenn ihr Mensch „für sie denkt“. Ist das so? Völlige Abgabe der Selbstwahrnehmung, völlige Fremdkontrolle und -steuerung bedeutet Freiheit? Und unreflektiert nicken wir das ab und richten unser Training danach aus. Bringen unseren „Seelenpartner“ bewusst in die erlernte Hilflosigkeit und sind auch noch stolz darauf, wie gut unser „Marionetten-Hund“ funktioniert.
Ein neuer Weg für unsere Hunde
Es ist an der Zeit, unser Verständnis für unserer Hunde zu überdenken. Im zweiten Teil dieses Beitrags gehe ich darauf ein, wie wir unseren Hunden helfen können, ein selbstbewusstes, selbstwirksames und erfülltes Leben zu führen. Es geht darum, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und ihnen den Raum zu geben, den sie brauchen, um sich zu entfalten. Bleibe dran!